Die Version 0.54 wurde im Februar 1996 freigegeben und hatte große
Bedeutung als erstes wirklich professionelles, freies
Bildbearbeitungsprogramm. Es war das erste freie Programm, welches
mit den großen kommerziellen Bildbearbeitungsprogrammen
konkurieren konnte.
Die Version 0.54 war einen Betaversion, aber sie war bereits so
stabil, dass sie für die tägliche Arbeit benutzt werden konnte.
Allerdings bestand einer der großen Nachteile von 0.54 darin, dass
Motif als Basis für die Oberfläche benutzt wurde. Motif ist ein
kommerzielles Produkt und musste für Plattformen wie Linux gekauft
werden, wenn man das schnellere dynamisch gelinkte GIMP verwenden
wollte. Viele Entwickler waren jedoch Studenten, die Linux
verwendeten, aber sich die Lizenz für Motif nicht leisten konnten.
Die Version 0.60 wurde im Juli 1996 veröffentlicht und war durch
Spencer und Peter vier Monate weiterentwickelt worden. Die
bedeutensten Fortschritte waren ein neues Toolkit namens GTK (GIMP
Toolkit) und gdk (GIMP Drawing Toolkit) mit denen die Abhängigkeit
von Motif aufgehoben wurde. Für die Grafikkünstler war diese
Version voll von neuen Funktionen wie Ebenen, verbesserten
Malwerkzeugen mit Subpixelgenauigkeit, einer verbesserten
Sprühpistole (Airbrush), Malmodi und vielen mehr.
Die Version 0.60 war eine reine Entwicklerversion und nicht für
die Allgemeinheit bestimmt. Sie diente als Grundlage für die
Versionen 0.99 und 1.0 zum Test von Funktionen die gelegentlich
auch wieder verworfen oder geändert wurden. Man könnte die Version
0.60 auch als Alphaversion der Version 0.99 betrachten.
Die Version 0.99 erblickte im Februar 1997, also geradeeinmal ein
Jahr nach der allerersten Version 0.54 das Licht der Welt.
Zusammen mit anderen Entwicklern hatten Spencer & Peter
verschiedene Änderungen vorgenommen und sogar weitere neue
Funktionen hinzugefügt. Die bedeutendsten Neuerungen waren ein
neues API (eine Programmierschnittstelle) and die PDB
(Prozedurendatenbank), welche es ermöglichten GIMP mittels
einfacher Skripte zu erweitern. Mit Skript-Fu konnten nun Abläufe
automatisiert werden, die bis dahin manuel ausgeführt werden
mussten. GTK und gdk wurden ebenfalls überarbeitet und nun GTK+
genannt. Zusätzlich verwendete die Version 0.99 eine neue,
kachelbasierte Speicherverwaltung, mit welcher das Laden von 100MB
Bilddateien kein Problem mehr darstellte. Außerdem wurde mit
dieser Version das GIMP eigene Dateiformat .xcf eingeführt.
Die neue Programmierschnittstelle machte die Erstellung von
Erweiterungen sehr einfach. Verschiedene neue Erweiterungen fanden
ihren Weg in GIMP, darunter einige sehr wichtige wie SANE (SANE
erlaubt es Bilder direkt in GIMP zu scannen).
Im Sommer 1997 erreichte GIMP die Version 0.99.10 und S & P
sahen sich gezwungen ihre Unterstützung für das Projekt sehr
einzuschränken, da Sie das Studium beendet und ihren ersten Job
angetreten hatten. Trotzdem setzten die anderen Entwickler unter
der Leitung von Federico Mena ihre Arbeit an GIMP fort.
Im September 1997 wurde das GTK+ aus dem GIMP Projekt herausgelöst
und separat fortgeführt. GTK+ wurde bereits zu dieser Zeit als
hervorragendes Toolkit wahrgenommen und andere Entwickler
verwendeten es zur Entwicklung eigener Anwendungen.
Im Oktober 1997 wurden die Funktionen von GIMP festgeschrieben,
das heißt es ganze Aufmerksamkeit der Entwickler lag auf der
Beseitigung von Fehlern. Es wurden keine neuen Funktionen zu den
GIMP Bibliotheken und dem Programm selbst mehr hinzugefügt. GUM
0.5 wurde ebenfalls im frühen Oktober 1997 veröffentlicht. Die
Entwicklungsarbeiten an GIMP wurden mit dem Ziel fortgesetzt eine
stabile Version 1.0 veröffentlichen zu können.